Handicap Love Schriftzug

Worüber….

Worüber….
…. definiert ihr euch? Was macht euch Eurer eigenen Überzeugung nach aus? 

Ist es der Job, der euch Selbstbewusstsein gibt? Ist es das Aussehen? Geld oder Titel? Die Anzahl der Freunde? Oder gar der Klicks im Netz? Eure Kochkünste? Eure Qualitäten als Mutter/Vater? 

Vielleicht (bei manchen könnte ich mir das vorstellen) sogar die Behinderung? (Ich meine damit menschen, die ihr Hauptaugenmerk auf ihre Einschränkung richten und andere Aspekte, die sie ja auch ausmachen, vernachlässigen in ihrer eigenen „Bewertung“.)


Ein Beispiel: 
Meine Ex-Schwiegermutter definierte sich immer über ihre Qualitäten als Hausfrau. Sie war stolz darauf, dass die Bude stets blitzte und glänzte und es jeden Tag frisch gekochtes Essen gab - und deshalb wurden auch Reste vom Vortag rigoros weggeworfen. Als ich dann in die Familie kam, war ich schnell die verschrobene Deutsche, die halt seltsame Vorstellungen vom Wert der Lebensmittel hatte und die freiwillig das Zeug vom Vortag gegessen hat gegen sämtliche Widerstände. Aber mit der Zeit hatten sich alle daran gewöhnt und es war kein Problem mehr. zwinkerndes Smiley

Heute kann sie das alles nicht mehr und sie leidet, weil das, was sie ja jahrzehntelang ausgemacht hat, wegfällt. Im Grunde fühlt sie sich wertlos und äußert das auch so. Mir tut das sehr leid. 

Ich persönlich definiere mich zu einem großen Teil über meine Unabhängigkeit und Selbständigkeit und ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn die wegfiele. Vermutlich hätte ich dann auch ein Problem. Ein zweiter wichtiger Punkt ist für mich das soziale Umfeld: Familie und Freunde. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ich mich durch irgendwelche Einschränkungen wirklich „wertlos“ fühlen könnte. 

Geld und andere materielle Dinge sind angenehm, aber sie machen mich nicht aus. Eine gute Reputation eigentlich auch nicht. Und eine gute Hausfrau bin ich sowieso nicht, finde das aber sogar ganz charmant. zwinkerndes Smiley 

Und ihr so? Wer seid ihr? Was macht euch aus?

Kommentare

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CookieJulez 09.10.2025 14:43
Ich kann das auf jeden Fall nachvollziehen, dass deine Ex-Schwiegermutter sich jetzt wertlos fühlt.

Ich kenne das gut, dass ich etwas tun wollen würde und dass ich es dann aber nicht kann.

Bei mir ist das tatasächlich: Arbeiten. Ich würde mich gerne durch Arbeit definieren. Kann ich aber nicht.
 
CookieJulez 09.10.2025 14:45
Ich versuche, so oft ich kann, dieses Gefühl von Wertlosigkeit durch Dankbarkeit zu ersetzen.

Ja, na gut, ich kann nicht arbeiten.

Aber ich bin gesegnet, weil ich trotzdem jemanden habe, der mir ein Obdach gibt.
 
fetzenfisch 09.10.2025 14:47
Mich macht aus dass ich in der Realität in der realen Welt Menschen gut zuhören kann sie sich gerne mit mir unterhalten weil ich gut zu hören kann und meine Ansicht schildern kann.
 
Julchen89 09.10.2025 14:57
Hab da grad keine Zeit dafür, mich richtig mit der Frage zu beschäftigen. Aber als Mutter definiere ich mich schon sehr stark. Ich weiß ja, was ich selber erlebt habe und kenne vieles von Freunden/Erzählungen. Meine Tochter hat mit mir schon einen kleinen Jackpot gezogen. Komplett gewaltfreie Erziehung, keine Erniedrigung etc. Wir haben ein super Verhältnis und schon als Stöpsel kam sie mit ihren Freundinnen zu mir, wenn sie Mist gebaut haben. Können immer alles super kommunizieren
 
Sonja 09.10.2025 15:00
Für mich ist der Job nach wie vor der Maßstab für meinen persönlichen "Wert".

Immer im Sinne von Leitung erbracht zu haben, die für die eigenen Brötchen und im besten Fall für Mehrwert für den "Kunden" sorgt.

Das war irgendwie nachweisbar/"messbar" und man bekam auch gelegentlich Feedback dazu.

Zudem war ich glücklich, da den Nicht-Behindis in nichts nachzustehen.

Im Büro war wurst, dass ich fast immer rumhocke und mein "Wissen" war der Maßstab.

Persönlich würde ich mir wünschen, dass mir wichtige Menschen mich "fürs Ich-sein" schätzen/mögen - so stell ich mir zumindest den Traum vor, mal wirklich geliebt zu werden. 
(wo man Empathie und Loyalität nicht ständig "anweifeln muss", oder eingestehen muss, doch voreilig "blind vertraut zu haben"zwinkerndes Smiley

Dass das unter Bekannten/Freunden so ist, bezweifel ich manchmal, ganz besonders dann, wenn man eben im Alltag nicht immer wirklich Leitung bringen kann, obwohl man das gerne möchte/würde.

Gemeines Gefühl, ist aber immer unterschwellig da ...
 
Zenaida 09.10.2025 15:00
Cookie, ich Krieg Gänsehaut bei diesem Satz: „Aber ich bin gesegnet, weil ich trotzdem jemanden habe, der mir ein Obdach gibt.“ 

Mach dich doch um Himmels Willen nicht so klein! Du bist doch kein Almosenempfänger. Du wohnst doch mit deinem freund zusammen, der dich hoffentlich liebt und sich darüber freut, dass er mit dir zusammenwohnen darf. Und umgekehrt natürlich. Zufällig hatte er halt ne Wohnung/Haus mit platz und so bot es sich an, dass du bei ihm eingezogen bist. Wäre es andersrum gewesen, wäre er zu dir gezogen. Hättest du das dann auch so gesehen, dass du ihm Obdach gewährst? 

Ich kann gut verstehen, dass du dich nach einer Arbeit sehnst, die dir Freiheit und Unabhängigkeit und im Idealfall sowas wie Selbstverwirklichung gibt. Aber ein mensch, der nicht arbeitet, ist doch nicht wertlos. Interessanterweise haben diese Gedanken eher menschen, die nicht arbeiten können. Solche, die nicht arbeiten müssen, haben meist gar kein Problem damit. Und ich meine damit nicht diejenigen, die von Transferleistungen leben und sich da eingerichtet haben, sondern die, die schon in jungen Jahren genügend Geld angehäuft haben, um früh (ich kenne einen fall, der keine 40 war) in den „Ruhestand“ zu gehen. 

Fetzenfisch, das kann ich mir gut vorstellen, dass du gut zuhören kannst. Also definierst du dich darüber, dass du gut für andere da sein kannst und du dafür auch gemocht wirst und gute und ehrliche Freundschaften haben kannst. Das kann ich auch gut verstehen.
 
positivemind 09.10.2025 15:06
Superstarkes Thema! 👍 Dankeschön dafür! 

Ich glaube, etwas worüber ich mich sehr definiere ist meine Persönlichkeit. Genauer gesagt bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die ziemlich präsent sind, wie meine Begeisterungsfähigkeit, mein "inneres Kind", also eine gewisse kindliche Art, die mir sehr wichtig ist, meine Emotionalität, meine Einstellung zum Leben. Aber auch meine chaotische Art, meine Verpeiltheit, meine Unsicherheit, meine Neigung zu Prokastinieren. Auch das gehört zu mir.

 Und natürlich auch mein Umfeld, meine Erfahrungen, meine Vergangenheit, meine Erinnerungen, meine Partnerschaft und meine kleine Familie, meine Freunde, meine Arbeit, meine Hobbys und Leidenschaften, mein Handicap.

Und ich würde sagen, ich habe so "2 Seiten", die beide irgendwie stark ausgeprägt sind. Auf der einen Seite empfinde ich mich als einen sehr positiven, sehr verspielten, teilweise wie gesagt kindlichen Menschen. Ich liebe bis heute Disney-Filme, Animes aus meiner Kindheit, Pokemon, Dino Nuggets, niedlichen Kram... Und ich bin ziemlich optimistisch würde ich sagen.
Aber gleichzeitig habe ich auch ein großes Interesse an Horrorfilmen, Truecrime, ziemlich derben Themen, trage am liebsten schwarz, mag bis heute Gothicrock...
Das eine schließt das andere halt nicht aus, auch wenn man das denken könnte. 😄
 
ICHJA 09.10.2025 15:07
Mein - Ich - 

draußen bin ich „was kostet mich die Welt / mir kann keiner was“

in den 4 Wänden heule ich mir - eigentlich - rund um die Uhr die Augen aus dem Kopf
 
CookieJulez 09.10.2025 15:08
Es ist mehr als ein Obdach, Zenaida.

Ich fühle mich geliebt, weil er mich bei sich aufgenommen hat.

Ja, natürlich ist das im Prinzip 'selbstverständlich', wenn man mit jemandem zusammen ist und sich mag.

Aber... Mein Eltern haben mir raus geworfen. Also ist tatsächlich sowas wie, dass mir jemand ein Dach über dem Kopf gibt, bereits etwas Besonderes beziehungsweise besonders wertvoll.
 
Zenaida 09.10.2025 15:10
Julchen, für mich ist meine Rolle als Mutter auch sehr wichtig und ich kenne das wie du. Meine Tochter ist auch heute als erwachsene Frau mir sehr nah. Sie braucht auch Abstand, aber wenn irgendwas ist, bin ich die erste, die sie anruft. Und mir das immer sehr wichtig. Sie sagt heute auch oft, dass sie froh ist, mich als Mama zu haben und vor allem als kind gehabt zu haben. Das ist sehr schön, zumal die Pubertät mit diesem Freigeist-Kind schon recht anstrengend war. Aber ich glaube, das sagen viele Kinder. Ich sag das zu meiner Mama auch und fühle es auch so zwinkerndes Smiley
 
CookieJulez 09.10.2025 15:23
(Meine Mutter hat mich raus geworfen, weil sie den Verdacht hatte, dass ich eine Gabel aus ihrer Küche 'geklaut' hätte. Ich hab sie nicht geklaut. Ich hab sie mit ins Auto genommen und dann nicht mehr wiedergefunden. Was kostet eine Gabel? 50 Euro, wenn's eine teure ist? Klar, da liegt es doch nahe, die Tochter vor die Tür zu setzen wegen sowas...)

(Mein Vater hat mich raus geworfen, weil er Sorge hatte, dass ein Vermieter ihm die Wohnung kündigen könnte, wenn ich länger als sechs Wochen bei ihm bleibe. Da war ich allerdings erst ein paar Tage da.)
 
CookieJulez 09.10.2025 15:23
*sein
 
EinedieserSteine 09.10.2025 15:24
Ich bin froh, viele Dinge zu sehen und erkennen zu können.
 
CookieJulez 09.10.2025 15:24
Hätte ich Arbeit gehabt, hätte ich mich nicht so wertlos fühlen müssen, sondern hätte mir relativ schnell eine neue Wohnung besorgen können.
 
Thohom 09.10.2025 15:25
Ich bin inzwischen ein Oldie und ich definiere mich möglicherweise am Status meines persönlichen Glücks. Bin ich zufrieden, bin ich genug definiert.

Ich habe in einer psychosomatischen Klinik erlebt, wie der Wegfall der "Definition" Leute umgehauen hat.
* Eine Dame wurde älter, hat sich aber die ganze Zeit über ihr Attraktivität definiert und hatte nun Angst in ihrer Partnerschaft ersetzt zu werden.
* Der Partner war gestorben, die Dame trieb plötzlich wie ein Schiff auf hoher See, dem der Anker fehlt. 
* Beruf weg oder einfach nur arbeitslos.

Natürlich kann ich mich irgendwo anhängen, aber mir reicht das nicht als meine Definition, wenn ich mich z.B. darin sonnen muss, was von anderen Leuten/Vereinen abstrahlt.
 
CookieJulez 09.10.2025 15:25
Passt nicht ganz in deinen Blog, Zenaida, aber ich wollte es einfach mal erzählt haben.
 
Zenaida 09.10.2025 15:56
Okay, Cookie, das ist echt gestört. Deine Eltern scheinen wirklich nen großen Vogel zu haben. Im ernst? Ne GABEL? 

Positivemind, das kann ich alles unterschreiben. Geht mir ziemlich ähnlich, mal abgesehen von den gothic-Sachen und den spielen. zwinkerndes Smiley 

„Persönlich würde ich mir wünschen, dass mir wichtige Menschen mich "fürs Ich-sein" schätzen/mögen“
Sonja, genau so soll es eigentlich auch sein. Und im Idealfall ist es auch so. 

Im Grunde kritisieren doch viele menschen die Anforderungen der „Leistungsgesellschaft“. Gleichzeitig unterwerfen sie sich diesen, wenn sie sich über ihre Leistung definieren. Irgendwie traurig. Ich finde es allerdings einen großen unterschied, ob jemand nicht „leisten“ kann, oder ob er einfach keinen bock hat und sich in der sozialen Hilfeleistung ausruht. Witzigerweise haben solche oft kein Problem damit, eben nichts beizutragen, obwohl sie es könnten. Dass uns allen positives Feedback gut tut, ist klar. Das geht sicherlich den allermeisten so, Sonja. Da kann ich dich total verstehen. Aber man muss das ja nicht nur über die Leistung kriegen, wenn man etwas besonders gut macht, sondern einfach weil man so ist, wie man ist. Man kann auch für seinen Humor geschätzt werden, für besondere Einfühlsamkeit, für die Schlagfertigkeit, dafür, dass anderen nie langweilig ist, wenn sie mit einem zusammen sind…. Oder für immer gute beiträge bei hl, liebe Sonja  zwinkerndes Smiley
 
Zenaida 09.10.2025 15:58
Ichja, wie hältst du diesen Widerspruch aus? Was tust du dagegen, ständig weinen zu müssen? Mich macht es traurig, das zu lesen…..
 
blume 09.10.2025 16:00
ich bin ich und bin mir selbst genug 🙂
 
ICHJA 09.10.2025 16:12
weinen befreit
 
Haferflocken 09.10.2025 16:14
Es ist eine unglaublich spannende und gleichzeitig sehr problematische Frage, nicht wahr? 

Sie wirft mich irgendwie auf meine Natur zurück, in diese Grube hinab, von der aus ich mich selbst betrachte. Ich stelle mir vor, dass ich immer wieder in die gleiche Falle tappe.

Ich erzähle mir selbst, dass ich definiere, wer ich bin, basierend auf dem, was sichtbar ist (und somit sozial beobachtet wird). Mein Beruf, mein Aussehen, mein soziales Niveau, mein Abschlüsse, all das sind physische Objekte, an denen ich mich orientieren kann.

Und natürlich hat das eine Sicherheitskomponente. Ich fühle mich gewollt, ich fühle mich gebraucht, ich fühle mich wertvoll, wenn ich einen habe. Wenn ich schön aussehe oder in Form bin, fühle ich mich wohler mit mir selbst. Es ist jedoch auch in gewisser Weise unsicherer Boden, all das kann genommen werden, mein Job geht verloren, mein Erscheinungsbild altert, Freunde entfernen sich.

Was ich mehr berührend finde als all das, sind die inneren Werte und kleineren Momente, die normalerweise nicht quantifizierbar sind.

Die Fähigkeit, jemandem zuzuhören, wirklich präsent zu sein, auch wenn es unbequem ist. Die Wahrheit zu mir selbst, auch wenn ich wirklich schlecht oder schwach bin. Meine Verletzlichkeit macht mich menschlich.

Oder mein Kampf, wie es manchmal eine Behinderung in der Kultur tut, auch wenn das mich in den Vordergrund und ins Zentrum rückt, kann das nicht sein, was mich definiert, denn es gibt so viel mehr, einen lebenden Träumer mit Leidenschaften und Hoffnungen.
Ich denke, wer ich wirklich bin, ist eine Art Collage -Briefkastenkleber und alles - dieser Dinge – die Errungenschaften und Momente des Zweifels, die Rollen, die ich relational gespielt habe, die Geschichten, die mich geprägt haben.

Sich nur auf eine Sache zu identifizieren, wäre sich auf einen einzigen Farbfleck zu fixieren und das gesamte Gemälde zu vergessen. Und ich glaube, genau in dieser Spannung zwischen Innen und Außen, Exterieur und Interieur, liegt wahres Selbstvertrauen. Im Bewusstsein der Fehler und dennoch das zu lieben, was ich dort sehe.

Vielleicht ist das der Grund, warum ich immer wieder nachforsche und frage, was mich definiert, weil ich tief im Inneren weiß, dass es mehr als eine Rolle oder einen Status ist. Und wenn ich mir selbst diese Freiheit gewähre, könnte ich eines Tages auch in der Lage sein, meine Schwächen und Grenzen zu "befreunden", anstatt mich von ihnen formen zu lassen. Darin bin ich durch und durch menschlich, mit all meinen Makeln, Bestrebungen und unendlicher Entwicklung.
 
Annie 09.10.2025 16:30
Ich habe meinen inneren Frieden gefunden und dafür bin ich sehr dankbar.
 
Musikgirl95 09.10.2025 16:56
Ichja, ich weiß und fühle was Du meinst 🫂
 
Benni8811 09.10.2025 17:18
Extrem gutes Thema,Zenaida!

Komplex und vielschichtig… Die Frage ist essenziell für jemanden für mich, der in einer Leistungsgesellschaft auf eine Tätigkeit vorbereitet wurde, mit der man sein Geld verdient und einen Teil in der Gesellschaft beiträgt, damit sie funktionieren kann… Richtig spannend wird es dann, wenn man diesen Teil nicht mehr erfüllen kann durch einen Unfall und man sozusagen alles neu denken und definieren muss!

Die Arbeit in einem sozialen Beruf und alles, was damit zusammen hängt, fehlt mir sehr!

Habe mich dann damit auseinandergesetzt, dass ich doch trotzdem noch ein vollwertiger Mensch bin, auch wenn ich nicht arbeiten kann…

Dass ich trotzdem ein vollwertiger Mensch bin, auch wenn meine Augen nichts sehen können…

Definiere mich durch meine Persönlichkeit und mein Mensch sein…

Ich bin froh und dankbar, dass nach einem Prozess, der mehrere Jahre gedauert hat meine Persönlichkeit nicht mehr so viel wert auf den funktionierenden Teil in einer Arbeits und Leistungsgesellschaft legt. sondern den gesamten Menschen sieht, nicht nur den Arbeiter…

Was mir persönlich sehr hilft, ist mein Kind. Dadurch kann ich ja auch einen Teil zur Gesellschaft beitragen, wenn ich mir Mühe gebe, dass mein Kind ein vernünftiger Mensch wird! Außerdem gibt es wohl kaum ein schöneres gebraucht werden als ein Papa zu sein…

In diesem Blog wurden meiner Empfindung nach schon sehr schöne Antworten gegeben. Wollte das jetzt nicht alles wiederholen…

Früher, In schlechten Zeiten in meinem Leben, gab es aber auch diese Gedanken. Scheiße, du bist blind. Wärst du nicht blind dann könntest du…

Zum Glück habe ich mich daraus gearbeitet. Damals habe ich mich komplett wertlos gefühlt!
 
fetzenfisch 09.10.2025 17:21
Hallo Benny in welchem Beruf hast du früher gearbeitet
 
Benni8811 09.10.2025 17:28
Für jemanden wie mich, sollte es natürlich heißen…
 
Benni8811 09.10.2025 17:29
Pflegefachkraft in der ambulanten Altenpflege, Fetzen Fisch
 
Mohnblume 09.10.2025 19:56
Also @Haferflocken , ganz erstaunlich,  dein Kommentar hier in diesem Blog, richtig gut verständlich ,ohne Ausschweifungen in höhere Sphären 🤓, wie haste das denn hingekriegt 🤔😉
 
Jeanberlin 09.10.2025 23:01
Zenaida, du wirst es nicht glauben:

mein Wille, ein selbstbestimmtes und ausgewogenes Leben zu führen (Sport, gesunde Ernährung, geistige Regsamkeit, kulturelle Betätigung)

im Verhalten meiner Kinder zu mir Respekt zu fühlen und um meine Meinung gefragt zu werden - wenigstens oftmals

auch im Alter wißbegierig zu bleiben, ein unabhängiges Denken zu bewahren, ggf. gegen den Strom zu schwimmen, kritisch gegen mich selbst und andere zu sein, Kontakte zu pflegen und mich demokratisch zu verhalten - ich suche nach Vorbildern!!

Erfolge im Job bzw. überhaupt eine interessante Tätigkeit zu haben, die Kraft spendet, vom Arbeitgeber anerkannt wird und den Kunden weiterhilft; meine Umgebung sagt, ich sei teamfähig,

Autofahren und überhaupt Reiselust bereiten mir Freude als Erkenntnisquelle und Anregung

ich habe Respekt vor den Leistungen anderer Menschen, anerkenne Klügere als ich

von Zeit zu Zeit suche ich die Einsamkeit, um Zwiesprache mit mir selbst zu halten

ich "liebe" Selbstdarsteller, Egoisten und dominante Menschen - sie sind mir ein Gräuel!

ich kann auch meckern, dabei nicht nachtragend sein, aber auch nichts vergessen

ich spüre Friedenswillen in mir, ohne friedfertig zu sein

ich kann nicht kochen, liebe aber gutes Essen

bin kein Internetfreak und habe die Hoffnung, alt zu werden, um die Schweinereien dieser Welt noch lange miterleben zu können und um mir Zuversicht auf bessere Zeitenzu bewahren
usw. usw.

Ich betrachte diesen Beitrag als Ergänzung meines Profils. Keiner ist verpflichtet, mir das alles  zu glauben, aber es wäre schön, wenn er es täte.
 
Zenaida 10.10.2025 00:05
Bin gerade sehr absorbiert. Melde mich morgen mal….
 
vrono 10.10.2025 00:13
Ich bin krankheitsbedingt nicht stabil. Eine für mich neue Form der Identitätseinschränkung.
Habe ziemlich alles im „Außen“ verloren (Dach über dem Kopf, Beziehung, Sozialkontakte, Heimat, Verwurzelung, Fähigkeiten, Gegenstände, Interessen, Fähigkeit/ Erlaubnis zu arbeiten, Würde, Freiheiten… - alles Werte/Dinge, die Identität stiften). Was vor Ereignis Null Sicherheit und Identität stiftete lag auf einmal in Trümmern .. jetzt bin ich auf dem Weg das wieder aufzubauen. Finanzielle Sicherheit ist bereits wieder da, also Existenzängste auf anderen Ebenen, ein Dach auch. Ein Anker fehlt noch immer. 

Ich habe und hatte eine sehr komplexe Identität die immer da ist, auch wenn sie mir nicht immer zugänglich ist. In der Reflexion durch ein Gegenüber und durch viel harte Arbeit jeden Tag kann ich sie bewahren und vergesse mich nicht. Durch Isolation, die mir passiert ist ohne es zu wünschen, ist das nämlich passiert. 

Ich habe heute ein Telefonat geführt mit jemandem von HL, der das live erlebt hat, was diese Krankheit in der starken Ausprägung bedeutet - er hat mir am Telefon geholfen, wieder in die Wohnung zu gelangen, um im geschützteren Raum zu „zerbrechen“. 
Es gibt ein davor und ein danach. Viel von „davor“ habe ich nicht mehr für mich zugänglich - große Lücken im Gedächtnis. Und vor allem jetzt ist nichts mehr normal, verlässlich, vorhersehbar.. viel Planung für jedes Stück Alltag.

Identität ist da.. Optimismus, Kreativität, Intelligenz, Talente, Fähigkeiten, Vergangenheit..sehr viel erarbeitete (Überlebens)weisheit. Sinnsuche und sinnstiftende Komponenten in schwerer mühsamer Arbeit die viel Geduld, Reflexion, Verständnis der Erkrankung einfordert - ein tägliches Ringen und abmühen und trainieren/üben.. ein zeitraubender Kraftakt.
Es kostet viel Anstrengung, dass meine Identität nicht unter der Erkrankung zerbricht, die mich fast täglich auch wieder an den den Punkt bringt aufgeben zu wollen. 
Der Kopf funktioniert nicht mehr wie zuvor, das kann man nur begreifen, wenn man durch ihn determiniert ist. Mir war Autonomie, Freiheit sowie Sicherheit sehr wichtig - jetzt ist das Luxus.

Aber: Identität ist einfach - Künstler. 
Ein Künstler, der jeden Tag neuen Sinn finden muss, um eine Zukunft zu haben. Existenziell, aber interessant, grausig und schillerndschön und immer ambivalent. Das Ziel ist dabei nicht mehr wichtig oder die Richtung. Wünsche nach Karriere oder Familiengründung (auch Voratellungen und Träume stiften Identität) sind teilweise nicht mehr möglich bzw. werden immer unwahrscheinlicher. Die Identität stabilisiert sich wieder auf dem Weg egal wohin der gehen mag. 
Einige Faktoren ändern sich, andere bleiben stabil (Status, Reichtum, Luxus haben mich zB nie definiert, auch wenn ich mal kurz in diese Welt geschnuppert habe). 
Was Identität auch instabil macht sind Konzentration und Gedächtnisstörungen. Aber auch instabil ist Stabilität da.. und der Weg dahin, wieder an einer Identität festhalten zu können hat mich auch einiges gelehrt. Geholfen haben auch andere - und ich anderen auch. Auch wenn die Sozialkontakte mit denen man diese lebt neu geknüpft werden müssen, bedeutet das nicht, dass man Empathiefähigkeit und Verständnis, oder Toleranz..usw. die auch identitätsstiftend sind, verliert. Optmimismus auch nicht..man muss ihn sich nur bewahren. 
Außerdem war für mich wichtig, klare Grenzen zu ziehen..Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung können Welten außeinanderliegen, was auch die Identität bedrohen kann, wenn man Glaubenssätze und Denkstrukturen etc. anderer Menschen übernimmt.
 
GraueMaus 10.10.2025 00:23
Ich musste vorzeitig in Rente gehen, aber ich habe 2 Ehrenämter. Außerdem kümmere ich mich seit vielen Jahren um die Eingliederung von Flüchtlingen. Eines meiner Hobbies sind Brieffreundschaften in aller Welt. Ich habe viele Brieffreundinnen und -freunde persönlich kennengelernt. Es macht Spaß, in Länder zu reisen, in denen man sich mit netten Leuten treffen kann. Dadurch erfährt man viel mehr von dem Land. Man bekommt Fragen beantwortet. Bei manchen Kontakten ist es so, dass wir uns jahrzehntelang immer wieder mal gegenseitig besucht haben und die Kinder aufwachsen sahen.
 
Jinjer 10.10.2025 00:52
also bei mir ist das definitiv keine abgeschlossene sache.
pro lebensjahr gibt’s neue features, die mein leben durchaus bereichern und schön ist, dass ich sie noch mitbekomme. 🤓
 
Lerato77 10.10.2025 05:18
Ich definiere mich zu einem Großteil über meine Arbeit, weil es etwas ist, was ich gerne tue und für sinnvoll erachte.
Ich definiere mich leider auch teilweise über meine Behinderung, zähle meine Jahre "vor" und "seit" meiner Erkrankung und bin dankbar, dass ich auf mehrere Jahrzehnte ohne Beeinträchtigung zurückblicken darf.
Aber den Kern meiner Definition macht mein Christsein aus. Ich bin ein geliebtes Kind Gottes. Das verleiht mir eine unzerstörbare Würde in all den wechselhaften Umständen.
 
sonnele 10.10.2025 07:00
Ich definiere mich über meine Werte, meinen Mut und meine Art, mit Herausforderungen umzugehen... nicht über Erwartungen anderer oder Äußerlichkeiten.
Ich lebe seit kurzem mit einer Krankheit, die mich vernichten will...doch sie wird es nicht schaffen.
Ich bleibe ich... mit Herz, mit Willenskraft und mit dem Glauben daran, dass mein Licht stärker ist als jede Dunkelheit.😊
Bis jetzt habe ich in meinem  Leben jede... noch so schwierige Situation gemeistert und auch diesmal werde ich meinen Weg gehen.💪😊
 
Albetina 10.10.2025 08:38
Echt ein spannendes Thema und gar nicht so easy, das in ein paar Worte zu packen. Ich glaub, bei mir ist’s so: ich definiere mich nicht über Status, Aussehen oder sonst irgendwas, das nach außen glänzt. Mir ist wichtiger, echt zu sein, mir selbst treu zu bleiben und mein Leben so zu leben, wie’s für mich passt, mit allem, was dazugehört.

Meine Einschränkungen sind ein Teil von mir, klar, aber sie bestimmen nicht, wer ich bin. Mein Wert hängt nicht davon ab. Was mich wirklich ausmacht, ist eher mein Herz, mein Durchhaltevermögen, mein Charakter und die Menschen, die ich um mich habe.
 
Mohnblume 10.10.2025 09:54
Ich definiere mich darüber, dass ich bin wie ich bin, mit meinen Stärken und Schwächen. Ich muss niemandem irgendetwas beweisen,  sondern kann sein ,wie ich bin . Ich lasse mich nicht verbiegen , weil es genau so , alles richtig ist, letztlich muss ich mir selbst , am besten gefallen.👍🤗
 
Cruiser 11.10.2025 08:50
Ich brauche mich nicht zu "definieren". 
Warum auch? 
Was hab ich dann davon? 
Kann man sich davon was kaufen? 
Geht es einem dann besser?

Ich bin stolz auf dass, was ich gelernt habe und kann. 
Aber definieren wäre der falsche Begriff...
 
Zenaida 11.10.2025 18:13
Cruiser, „definieren“ ist nicht immer eine so analytische Entscheidung, wie die Vokabel insinuieren könnte. Aber jeder halbwegs bewusste mensch hat irgendwas in seiner Persönlichkeit oder seiner biographie, das ihn ganz besonders ausmacht und das er auch als solches erkennt, worüber er sich freut, wofür er besonders dankbar ist, worauf er meinetwegen auch stolz ist. Manchmal kommt das auch als ständiges Feedback von außen, wenn einem sehr oft von anderen attestiert wird, dass man besonders stark, einfühlsam, mutig was auch immer sei…
 
Zenaida 11.10.2025 18:29
So, hab jetzt alles gelesen. Danke für eure vielen beiträge, kann leider nicht auf alle eingehen. Aber sehr schön, hier lesen zu können, dass doch allgemein die Persönlichkeit wichtiger ist als äußerliche Aspekte. Auch wenn bei einigen Posting deutlich wurde, dass es kraft gekostet oder gekostet hat, sich „neu“ definieren zu müssen nach einer Erkrankung oder einem Schicksalsschlag. Umso schöner, dass keiner so klingt, als habe er „aufgegeben“. 

Sehr schön fand ich den Gedanken von Jinjer, dass die Definition des eigenen Ichs kein statisches Moment ist, sondern in ständiger Wandlung begriffen.
 
Brummsel 11.10.2025 18:35
Momentan definiere ich mich über meine Lust zu Leben, zu lachen und mal mit vieln Menschen tolle Gespräche zu führen und dann wieder ganz für mich zu sein.
Aber klar, definiere mich auch über die Arbeit. Wenn ein Projekt vorankommt, mit gutem Ergebnis abgeschlossen werden kann...ja, das macht mich glücklich.

Überlege gerade ob dieses "Definieren" nicht eher mit Momenten des Glücks, der Stärke und des selbstbestimmten Lebens zu tun hat!?🤔
 
Thohom 11.10.2025 18:48
Ich möchte diese Definition "über irgendwas ausserhalb von einem selber" mal mit einer Krücke vergleichen, die man braucht, um durchs Leben zu kommen.
Was passiert, wenn die Krücke bricht? Dann taumelt man durchs Leben, stürzt. 

Einfach mal überlegen, ob man von "irgendwas von außen" abhängig sein will.
 
Zenaida 11.10.2025 23:03
„irgendwas von außen“


Hm, es ist ja nicht immer nur von außen. Ein Beispiel: wenn jemand promoviert hat, hat er ja selbst zumindest etwas geleistet. Er braucht ein Minimum an Intelligenz, Kontaktfähigkeit, Sitzfleisch und Konzentrationsfähigkeit, um zum Studium zugelassen zu werden, zwei gute Studienabschlüsse zu schaffen und dann die Doktorarbeit zu erstellen. Der Titel hat also durchaus mit ihm selbst, mit seiner Persönlichkeit, mit seiner Entscheidung zu tun. Allerdings gibt es große unterschiede, wie man damit umgeht. 

Ein ehemaliger Chef von mir war so bedacht darauf, dass sein Doktortitel überall Verwendung fand. Man musste den Titel immer dazu erwähnen, zumindest gegenüber selbst nicht promovierten Gesprächspartnern. Innerhalb der Wissenschaft ist es allerdings Usus, dass man sich ganz normal mit dem namen anspricht. Alles andere ist lächerlich. Deswegen sollten wir solchen Gesprächspartnern gegenüber, die selbst promoviert waren, den Titel nicht erwähnen. Im Grunde ist es total albern. Es ging hier wirklich nur um den Titel. Die dahinterstehenden Fähigkeiten waren für ihn selbstverständlich, aber er definierte sich nicht darüber, wichtig war der Titel. 

Andererseits kenne ich genügend Menschen, die ebenfalls promoviert wurden, ihren Titel offiziell auch tragen, aber im normalen Leben nicht darauf rumreiten, weder beruflich noch privat. Von einer sehr guten Freundin weiß fast niemand, dass sie den Titel überhaupt hat, sie hat ihn nicht mal in den Personalausweis eintragen lassen. Ihr sind Intelligenz und Durchhaltevermögen durchaus wichtig, also die Attribute, die ihr zu dem Titel verholfen haben, aber es geht da nur um diese Persönlichkeitsaspekte an sich, nicht um den Titel. 

So was meine ich.
 
Thohom 11.10.2025 23:08
Das ist ja Eigenleistung. Kommt also nicht von außen.
 
Zenaida 11.10.2025 23:50
Eben, ich meinte in meinem Eingangstext nicht in erster Linie Dinge von außen, sondern die, die zu einem gehören. Das aussehen z.b. ist in erster linie genetisch bedingt, trotzdem ist es ja nicht wirklich „von außen“. Die Erziehung die man genossen hat, der „Stall“, aus dem man kommt, man hat nichts aktiv dazu beigetragen, dennoch  ist es doch nichts „von außen“, sondern hat einen geprägt von Anbeginn. Usw…
 
Thohom 12.10.2025 00:09
Erinnere mich, dass du deine Schwiegermutter erwähnt hast, deren Sinn und Zweck plötzlich weggebrochen ist. Das ist ja auch eine äußerliche Sache, auch wenn es Familie ist.
 
Zenaida 12.10.2025 00:48
Hm, nee, so einfach ist das nicht. Es ging ihr nicht in erster linie darum, dass sie geputzt wie der Weltmeister, damit andere sie loben, sondern weil sie selbst das für sich als Standard sieht. Sie sieht das immer noch so, braucht aber jetzt dafür hilfe. Und das verkraftet sie nicht gut. Frisches essen täglich hat sie zwar damals für die Familie gekocht, aber später, als alle ausgezogen waren, auch nur für sich allein. Und auch da gab es jeden Tag was anderes und alles immer selbst gekocht. Es ging auch da nicht um Anerkennung durch dritte. Ihre Kinder fanden übrigens das tägliche kochen auch übertrieben, haben sie also dafür nich gelobt, sondern wegen des wegwerfens dann auch irgendwann mit ihr gestritten. 

Insofern ist das doch nichts äußerliches, sondern ihr eigenes Bedürfnis. Für sie selbst war das immer wichtig und sie versteht auch nicht, dass andere da in ihren Augen nachlässig sind. Aber das ist in vielen Bereichen so. Klamotten darf man auch nicht second Hand kaufen, weil die ihrer Meinung nicht so sauber sind. Ihr selbst graust es da regelrecht. Und so weiter….

Sie fühlt sich wertlos, weil sie für die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse Hlife von anderen braucht. Das macht ihr zu schaffen.
 
Thohom 12.10.2025 01:11
Dann vermisst sie also ihr Standardleben? Ich sehe das aber auch so, dass da eine Krücke in ihrem Leben plötzlich fehlt. Sie hat nichts mehr woran sie sich festhalten kann. Eine innere Zufriedenheit kommt  daraus her, dass sie gebraucht wird, sie ihre Pflicht erfüllt. Das ist zumindest meine Definition. Ich sehe das bei deiner Schwiegermutter irgendwie als Ersatzhandlung an.
 
Zenaida 12.10.2025 04:42
Hm, nee, in ihrem Fall glaube ich das nicht. Als sie ne Weile mal beruflich sehr eingespannt war, für ihre Leistung aber - neben extra Geld - jede Menge Anerkennung und Lob bekam, war ihr das schnurz. Obwohl sie wirklich gebraucht wurde und nur sie das so konnte. Viel schlimmer war damals, dass sie eben keine Zeit hatte, so gründlich zu putzen und täglich zu kochen. Und das konnte ihr auch kein anderer recht machen, sie fühlte sich da gestört durch den Sand und Staub in der Wohnung. Und wenn sie heute bei ihren Kindern zum Essen eingeladen ist, schmeckt ihr das nicht, wenn nicht streng alles frisch und nach ihren Rezepten gekocht wurde. Internationale Küche oder gar ne TK-Pizza mag sie da nicht.

Ach ja, mit der Verabschiedung in den Ruhestand hatte sie null Probleme. Sie machte jede Menge Kurse, reiste viel und konnte sich gut beschäftigen, auch ohne gebraucht zu werden.
 
Neffi 12.10.2025 19:42
Ich bin staatlich geprüfter Rülpsfachmann. Darüber definiere ich mich 😆
 
vrono 13.10.2025 23:43
.. ich geh da völlig mit dir mit Zendaya. Man gestaltet das Leben um sich herum so, das es zu einem passt. Wenn man das dann nicht mehr erfüllen kann, fühlt man sich dann irgendwann unwohl bzw. in der Umgebung nicht mehr wie man selbst. 

Anerkennung und Gebraucht werden sind extrinsische Faktoren, die man nicht braucht, wenn man in sich gut und stabil verankert ist - mit sich im Reinen. 

Wenn man aber Dinge nicht mehr schafft, an Dingen, die einen ausmachten, die man gestaltet hat nicht mehr Halt findet, Struktur verliert, Autonomie auch und gestalterische Möglichkeiten des Tagesablaufs und der Umgebung.. verliert man teilweise sich selbst und hält sich daran fest, welche Wesenszüge und Dinge einem einmal wichtig waren, denn die Identität besteht ja auch aus dem was einen einmal ausgemacht hat, auch wenn das dann den Beigeschmack des Verlusts bekommt. 

Mir geht das Herz auf, wenn frische Kochzutaten und Gewürze durch mein „Schaffen“ zusammenfinden, ganz egal, was das dann anderen bedeutet. Ordnung schaffen und Tagesstruktur schafft auch innere Ruhe. Wenn man das nicht mehr alleine schafft, hadert man mit sich und ist nervöser. 
Dinge ohne Hilfe zu schaffen ist auch bei vielen Leuten Identitätsstiftend. Zu viele verlieren auch dadurch in Krankheit oder altersbedingt Erfüllung und Autonomieerleben und Gefühle der Hilflosigkeit des zur Last fallen, der Scham werden irgendwann zu einer neuen Identität. 

Ein sehr komplexes spannendes Thema. 

Ich habe mal ein Kunstprojekt mit Seniorenheimbewohnern gemacht zu diesem Thema - Stunden an Audiomaterial kamen dabei heraus, die jeweils festhielten, was im letzten Lebensabschnitt „identitätsstiftend“ noch übrig blieb - je nach dem Umgang mit diesem Thema und allem was jemand an Erkeben und Vergangenheit und Vorraussetzungen mitbrachte unterschieden sich diese Persönlichkeiten als wären sie in anderen Kulturen aufgewachsen. 
Während die einen über hundert waren und vom Zirkus erzählten, der im Wohnzimmer mal stattfand in 20er Jahre Manier, definierte sich eine Dame ausschließlich über die Jahre in denen sie das Bein verlor, wie eine Schallplatte die immer über die gleiche Stelle springt.
 
Zenaida 13.10.2025 23:48
Sehr interessant, vrono. Ja, da gibt es wirklich große unterschiede, erlebt man ja auch in der Nachbarschaft oder in der Familie oder im Bekanntenkreis immer mal. Der eine fokussiert auf das, was Freude macht, was er (noch) kann, was ihm Zufriedenheit gibt, der andere ist in allem defizitorientiert und erlebt in erster linie den Verlust.
 
vrono 14.10.2025 00:18
Eine ehemalige Arbeitskollegin, die sich kaum mit dem Thema Behinderung auseinandergesetzt hat, und teilweise mehr an meiner neuen Identität verzweifelt als ich, ist nun aufmerksamer geworden..so trug sie diese Geschichte an mich heran: 

Der Mann ihrer engen Vertrauten hat komplett eine Wesensveränderung „hingelegt“ Müdigkeit, Gereiztheit etc. er war bei mehreren Ärzten. Stempel „Burnout bzw. Depression“. Den Stempel bekam er nicht mehr weg. Er wurde immer weiter geschickt. Seine Frau, die ihren Lebenspartner verloren hatte, wollte sich nicht zufrieden geben, kämpfte um ihren Mann, den sie nicht mehr wiedererkannte in dem neuen Gegenüber. 

Das Ende vom Lied.. über Beziehungen und KO jemanden gefunden, der die „Sache“ neurologisch abklären ließ - 
- nachdem man den mittlerweile eher tischtennisballgroßen Tumor im Gehirn entdeckte und nachdem dieser entfernt wurde und eben nicht mehr gegen verschiedenste Gehirnarreale drückte, hatte sie ihren alten Mann zurück, den sie so liebte. Alte Identität. Was dazwischen war und diese Reise, war surreal wie ein schlechter Traum.
 
Zenaida 14.10.2025 00:23
Das ist das Problem, wenn man einmal den Stempel hat, kriegt man den nicht mehr weg. Ich hab bisher noch keine psychische Diagnose, aber wer weiß, was da mal kommen könnte. Deshalb hab ich für mich dem anlegen einer elektronischen Patientenakte sofort widersprochen. Ich würde auch jede andere Diagnose nicht da einschreiben lassen. Solange ich mündig und klar in der Birne bin, kann ich selbst den Ärzten sagen, was bei mir ansteht. Und ich hab nichts lebensbedrohliches, was im Notfall den Ärzten sofort bekannt sein müsste.
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